ACCC Publikation: Das Toronto-Technologieprogramm

Maßnahmen, Effekte und gesamtwirtschaftliche Kosten eines Technologieprogramms zur Erreichung des Toronto-Emissionsziels für CO2 in Österreich und die vergleichbaren EU-Strategien

November 1998

Autoren:
Kurt Kratena (Wifo), Stefan Schleicher (Uni Graz), Birgit Friedl (Uni Graz), Hans Schnitzer (TU Graz), Helfried Gartner (BMU), Wolfgang Jank (BMU), Gilbert Ahamer (Umweltbundesamt), Klaus Radunsky (Umweltbundesamt)

Download des gesamten Programms

Zusammenfassung:

Motivation:

Das Toronto-Technologieprogramm soll nicht nur zeigen, wie entsprechend dem Toronto-Ziel die österreichischen CO2-Emissionen bis 2005 um 20% gegenüber 1988 reduziert werden können, sondern auch einen kräftigen Innovationsimpuls zur Restrukturierung der österreichischen Wirtschaft in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung auslösen. Die Basis für das Toronto-Technologieprogramm sind die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer Klimaschutzvereinbarung zwischen Bund und Ländern.

Folgende Eigenschaften charakterisieren dieses Technologieprogramm:

Höhere Energieeffizienz in Produktion und Konsum
Für Produzenten und Konsumenten sollen Anreize zum Übergang auf effiziente Energietechnologien gesetzt werden. Damit können mit weniger Kosten und Schadstoffen die erforderlichen Energiedienstleistungen bereitgestellt werden.

Über 200 Mrd S (14.53 Mrd. €) mehr Investitionen und bis zu 12.000 mehr Beschäftigte
Insgesamt umfasst das vorgeschlagene Technologieprogramm über neun Jahre Investition von 99 Mrd S. (7.19 Mrd. €) Damit werden in der Folge Investitionsaktivitäten von über 200 Mrd S (14.53 Mrd. €) ausgelöst. Für den Arbeitsmarkt bewirkt dies die Nachfrage nach bis zu 12.000 zusätzlich beschäftigten Personen.

Kosteneffiziente Finanzierungsmodelle
Ein großer Teil der vorgeschlagenen Technologieinvestitionen finanziert sich selbst durch die eingesparten Energiekosten. Für einen Teil des Technologieprogramms sind Anreizfinanzierungen des öffentlichen Sektors vorgesehen. Diesen öffentlichen Aufwendungen aus bestehenden Budgetansätzen in der Höhe von jährlich 1,4 Mrd S (101.74 Mio €) steht ein Vielfaches an zusätzlichen Einnahmen aufgrund der Erhöhung der wirtschaftlichen Aktivität gegenüber.

Struktur des Toronto-Technologieprogramms

Insgesamt ist mit diesem Maßnahmenpaket entsprechend dem Toronto- Emissionsziel eine Verminderung der österreichischen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2005 um 20% gegenüber 1988 erreichbar. Das bedeutet, dass gegenüber der derzeitigen WIFO-Energieprognose für das Jahr 2005 ein Reduktionspotential von 13,7 Mio Tonnen CO2 zu aktivieren ist.

Zahlenmäßig bewertet wurden in diesem Technologieprogramm 34 Maßnahmen, die eine Auswahl aus insgesamt 60 Maßnahmen darstellen. Das gesamte Technologie-Programm samt den erwarteten Reduktionseffekten bei den CO2-Emissionen kann in folgenden Schwerpunkten zusammengefasst werden:

Mehr Chancen für erneuerbare Energieträger Vor allem durch die verstärkte Nutzung von Biomasse und Biogas und der Ausweitung der erfolgreichen Programme für Solarkollektoren soll einerseits der Marktanteil heimischer Energieträger erhöht werden und andererseits die Auslandsabhängigkeit bei fossiler Energie reduziert werden.

Höhere Effizienz bei der Energiebereitstellung In allen thermischen Verwendungen von Energie soll grundsätzlich der Übergang auf Technologien angestrebt werden, die durch die gemeinsame Erzeugung von Wärme und Elektrizität zu einer deutlichen Erhöhung der Wirkungsgrade bei der Energiebereitstellung führen. ("Cogeneration") Die diesbezüglichen Investitionsaktivitäten betreffen den Ausbau von Wärmenetzen, die Abwärmenutzung aus bestehenden Anlagen der Stromerzeugung und die Forcierung der Kraft-Wärme- Kopplung, insbesondere der Kraftauskopplung und der Einspeisung von Strom in öffentliche Versorgungsnetze sowie der kaskadischen Nutzung von Energie.

Höhere Effizienz bei der Energieverwendung Empfohlen wird dabei einerseits ein Programm zur Verbesserung der thermischen Gebäudequalität sowohl im Altbau als auch im Neubau und andererseits eine umfassende Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Im Bereich Verkehr sind unter anderem die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, die Einführung eines "Road Pricings" und die Entwicklung einer 5 Liter/100 km Otto-Pkw-Neuzulassungsflotte, sowie einer 4,5 Liter/100 km Diesel- Pkw-Neuzulassungsflotte bis zum Jahr 2005 geplant.

Umsetzung des Maßnahmenpakets

Die erfolgreiche Implementierung der 34 Maßnahmen wird nicht nur von der Bereitstellung allenfalls erforderlicher Mittel für die Anstoßfinanzierung, sondern auch von der Beseitigung von Hemmnissen abhängen, die nicht-monetärer Natur sind. Gemeint sind dabei strukturelle, institutionelle und rechtlichadministrative Barrieren, die maßnahmenspezifisch auftreten und maßnahmenspezifische Lösungen erfordern. Die Palette der Instrumente reicht von legistischen Maßnahmen über technische Vorschriften bis hin zu Beratungs- und Finanzierungshilfen.

Gesamtwirtschaftliche Effekte des Technologieprogramms

Für die Analyse der gesamtwirtschaftlichen Effekte des vorgeschlagenen Technologieprogramms wurde ein Computermodell über die makroökonomischen Zusammenhänge der österreichischen Wirtschaft entwickelt.

Es handelt sich um ein makroökonomisches Modell, das derart an ein multisektorales Modell gekoppelt ist, dass die gesamtwirtschaftlichen und sektoralen Effekte des Technologieprogramms auf eine konsistente Weise quantifiziert werden können. Das makroökonomische Modell ist ein traditionell keynesianisches, dynamisches Modell der österreichischen Wirtschaft mit ausgebautem öffentlichem Sektor. Bei der Modellierung der Nachfragekomponenten werden die gesamten Investitionen als endogen betrachtet. Im Technologieprogramm werden die Investitionen erhöht, dabei wird in die dynamische Investitionsgleichung eingegriffen, sodass der Effekt zusätzlich ausgelöster Investitionen (Akzelerator) berücksichtigt wird. Das Sektormodell enthält ebenfalls einen kleinen makroökonomischen Block, um als geschlossenes Modell verwendet werden zu können. In diesem Makromodell-Block werden die Summen der Endnachfragekomponenten privater Konsum, Brutto-Anlageinvestitionen, Lagerveränderungen, öffentlicher Konsum und Exporte bestimmt. Dabei werden die Investitionen auf die Kategorien Wohnbau, sonstiger Hochbau, Tiefbau, Maschinen und Fahrzeuge aufgespaltet und einzeln modelliert. In einem zweiten Schritt werden Summen der Endnachfragekategorien aufgrund von ökonometrisch modellierten Nachfragesystemen oder mit einfacheren Submodellen aufgeteilt, d.h. in Nachfrage nach bestimmten Gütern umgewandelt. Die konsistente Ankoppelung erfolgt in der Weise, als bezüglich der Endnachfragekomponenten die Ergebnisse des Makromodells die Eingangsdaten für das Sektormodell darstellen.

Effekte auf Nachfrage, Produktion und Beschäftigung

Die Simulationen des Toronto-Technologieprogramms mit dem Makromodell- Block liefern bezüglich der Auswirkungen auf die Nachfrage, die Produktion und die Beschäftigung folgende Ergebnisse:

Mit einem Investitionsvolumen von 11 Mrd S jährlich (im Zeitraum 1997-2005) beträgt der Unterschied im BIP im neunten Jahr fast 25 Mrd S. Der Effekt auf die Gesamtnachfrage beläuft sich auf rund 48 Mrd S im neunten Jahr, die Hälfte davon, also 24 Mrd S, wird in Form von zusätzlicher Importnachfrage wirksam, die andere Hälfte wirkt BIP-erhöhend. Der Effekt auf die Beschäftigung wird nicht nur durch das zusätzliche Produktionsvolumen sondern auch durch die gleichzeitig steigende Produktivität beeinflusst. Der BIP-Effekt von zusätzlich 1,2% wirtschaftlicher Aktivität im neunten Jahr wird deshalb nur im Ausmaß von 0,4% beschäftigungswirksam. Das bedeutet aber dennoch, dass nach dem ersten Jahr dieses Technologieprogramm zusätzlichen 8.000 bis 12.000 Personen eine Beschäftigung bietet.

Effekte auf die öffentlichen Budgets

Insgesamt sind die Netto-Einnahmen bei den öffentlichen Budgets in allen Jahren, in denen dieses Technologieprogramm wirksam sein soll, weit über den jährlich projektierten 1,44 Mrd S für öffentliche Anreizfinanzierung, da durch die verstärkte wirtschaftliche Aktivität die zusätzlichen Einnahmen aus öffentlichen Abgaben zwischen 8 und 12 Mrd S jährlich liegen. .

Außenwirtschaftliche Effekte

Es kann erwartet werden, dass die zusätzlich ausgelösten Investitionen von 15 Mrd S im Jahr (26 Mrd S Anlageinvestitionen laut Modellergebnissen minus 11 Mrd S exogener Investitionsimpuls) ein Produktionspotential schaffen, das auch auf die Auslandsmärkte drängt. Bei Anwendung der durchschnittlichen Exportquote (40%) auf den BIP - Effekt im Jahr 2005 von 24 Mrd S erhält man ein zusätzliches Exportpotential von ca. 9,5 Mrd S.

Sektorale Effekte des Technologieprogramms

Auch die sektoralen Effekte des Toronto-Technologieprogramms wurden analysiert. Dabei wurde ein auf einer Input-Output-Tabelle basierendes Sektormodell für 32 Sektoren der österreichischen Wirtschaft verwendet. Die Struktur des Toronto-Technologieprogramms betrifft unterschiedliche Investitionskategorien des multisektoralen Modells (z.B.: Wohnbau, Tiefbau, Maschinen), was stark unterschiedliche sektorale und damit auch makroökonomische Effekte hat. So sind z.B. die Import- und Beschäftigungsreaktionen bei Bauinvestitionen massiv verschieden von jenen bei maschinellen Ausrüstungsinvestitionen. Das Toronto-Technologieprogramm generiert insgesamt Investitionen von ca. 11 Mrd S pro Jahr. Durch die Struktur dieses Programms ist auch die Aufteilung auf die Investitionskategorien gegeben, was die Grundlage der sektoralen Analyse darstellt.

Kontakt-Adresse:

Univ.-Prof. Stefan Schleicher, Austrian Council on Climate Change
c/o Universität Graz, Universitätsstrasse 15/F4, 8010 Graz
Tel: +43 316 380 3440 Fax: +43 316 380 3440
e-mail: stefan.schleicher@wifo.at


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