Klimafolgen und Anpassung im Bereich Landwirtschaft
Klimafolgen
Mögliche negative Auswirkungen des Klimawandels
auf die Landwirtschaft in Deutschland betreffen Ertragseinbußen
durch zu hohe Temperaturen und Einschränkungen in der Wasserversorgung.
Die erwartete Zunahme der Klimavariabilität kann zu stärkeren
Ertragsschwankungen führen und erschwert die Anpassung durch
geeignete Sortenwahl. Allerdings ist bei einem moderaten Temperaturanstieg
und bei ausreichender Wasserversorgung mit einer Erhöhung
des Ertragspotenzials für viele Fruchtarten zu rechnen.
Die Temperatur spielt eine sehr große Rolle
in der Landwirtschaft. Sie bestimmt die Phänologie und reguliert
unter anderem den Photosynthesevorgang. Höhere Temperaturen
im Winter und weniger Kälterückfälle im Frühjahr
begünstigen ein frühes Wachstum der Pflanzen. Wärme
liebende Arten könnten mehr Ertrag einbringen (z.Bsp. Mais).
Eine höhere Temperatur hat aber auch eine beschleunigte Zersetzung
und Mineralisierung organischer Substanzen im Boden zur Folge.
Daraus resultiert ein Rückgang an Kohlenstoffvorräten
und somit ein Verlust an Bodenfruchtbarkeit. Bis 2100 wird mit
einem Rückgang von 20 - 30%, möglicherweise auch bis
60% gerechnet.
Zudem kommt noch eine steigende Gefahr an Pflanzenkrankheiten
und -schädlingen, welche von höheren Temperaturen profitieren.
Kohlendioxid ist der Grundpfeiler für die Photosynthese.
Bei C-3-Pflanzen wird ein höherer CO2-Gehalt zu einer höheren
Leistung führen, bei C-4-Pflanzen gibt es kaum Auswirkungen.
Ein weiterer großer Vorteil einer hohen CO2-Konzentration
ist der niedrigere Wasserverbrauch der C-3-Pflanzen. Allerdings
heißt dies nicht, dass die Pflanzen automatisch resistent
gegen Trocken- und Wasserstress werden. Zu starke Trockenheit
führt zu Schäden an Wurzeln und anderen Pflanzenteilen,
zu viel Wasser kann zu Sauerstoffmangel führen. Somit lässt
sich sagen, dass in den Gebieten, wo nicht mit Aridität oder
Überangebot an Wasser zu rechnen ist, sich der Klimawandel
im Allgemeinen positiv auf die Landwirtschaft auswirken wird,
sofern man sich den neuen Begebenheiten anpasst. Vor allem in
Regionen, die unter heutigen Bedingungen für die landwirtschaftliche
Nutzung eher zu kühl und/oder zu feucht sind, kann die Landwirtschaft
möglicherweise von den Auswirkungen des Klimawandels profitieren
(z.B. in Norddeutschland).
Kritische Faktoren sind die erwartete Verminderung
der Wasserverfügbarkeit durch eine Abnahme der Sommerniederschläge,
besonders in Gebieten, die schon unter heutigen Bedingungen eine
ungünstige Wasserbilanz aufweisen (v.a. Brandenburg), die
Zunahme der Klimavariabilität (Schwankungen von Jahr zu Jahr),
welche die Wahrscheinlichkeit von Ertragseinbußen erhöht
und eine Anpassung erschwert (ganz Deutschland), die Zunahme von
Witterungs- und Wetterextremen sowie eine langfristige Erwärmung
über das Temperaturoptimum vieler Kulturpflanzen hinaus (v.a.
Südwestdeutschland). Zu erwarten ist, dass bis 2080 Fruchtarten,
wie z.Bsp. Soja, in Süddeutschland angebaut werden. Klassische
Formen wie Kartoffeln, Roggen und Hafer werden hier dafür
weichen.
Die Landwirtschaft ist in dem Agrarland Deutschland
(drittgrößter Produzent in der EU) nur in gewissem
Umfang an die Folgen des Klimawandels angepasst. In den meisten
Bundesländern hat sie offenbar den Klimawandel in ihren bisherigen
Maßnahmen kaum berücksichtigt, und Maßnahmen,
die grundsätzlich auch zur Anpassung an den Klimawandel geeignet
sind, sind zumeist noch nicht vollständig umgesetzt. Allerdings
kann sich die Landwirtschaft relativ kurzfristig an veränderte
Klima- und Wetterbedingungen anpassen und hat das in der Vergangenheit
auch immer wieder getan. Folglich ist die Vulnerabilität
der Landwirtschaft gegenüber dem Klimawandel ohne weitere
Anpassungsmaßnahmen, die sich spezifisch auf den Klimawandel
beziehen, als "mäßig" zu bezeichnen. Nur
in den von Dürren bedrohten Regionen Ostdeutschlands mit
ihren oft armen Böden wird die aktuelle Vulnerabilität
als "hoch" eingestuft.
Die Landwirtschaft sollte jedoch über eine hohe Fähigkeit
verfügen, in Zukunft auch solche Maßnahmen zu realisieren,
die sich spezifisch auf den Klimawandel beziehen; denn ihr stehen
wenig aufwändige und zugleich vielfältig wirksame Anpassungsoptionen
zur Verfügung. Zur Erhöhung einer Anpassung an möglichst
viele, mit Unsicherheit behaftete Auswirkungen des Klimawandels
wird vor allem dem Anbau angepasster Sorten und neuen, angepassten
Anbauverfahren zur Bodenschonung und Wassereinsparung eine breite
Wirksamkeit zugeschrieben. Auch der Anbau neuer Fruchtarten und
angepasste Bewässerungsverfahren werden als vielfältig
wirksam eingeschätzt. Für den Anbau neuer Fruchtarten
bedarf es aber v.a. wissensbezogener, zur Umsetzung von Bewässerungsverfahren
v.a. finanzieller Unterstützung. Entscheidend für die
Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft wird auch der ökonomische
Druck sein. In dieser Hinsicht benötigt die Anpassung von
kleineren landwirtschaftlichen Betrieben und in den Ungunstgebieten
Ostdeutschlands besondere Unterstützung. Werden die genannten
Anpassungsmaßnahmen realisiert, ist eine Reduktion auf eine
"geringe" Vulnerabilität der Landwirtschaft gegenüber
dem Klimawandel zu erwarten.
Mögliche Strategien zur Anpassung
"Veränderungen im Aussaattermin: Sommergetreide
kann aufgrund der Temperaturerhöhung früher ausgesät
werden. Das ermöglicht die Nutzung der höheren Bodenfeuchte
im Frühjahr, erhöht potenziell die Erträge durch
Verlängerung der Wachstumsphase und verringert die Gefahr
von Wasserstress. Andererseits steigt dadurch die Gefahr von Schäden
durch Spätfröste. Wintergetreide sollte später
im Jahr als momentan üblich gesät werden, da sonst die
für die Entwicklung wichtige Kältephase zu spät
eintritt und zu Schäden an den Pflanzen führen kann.
Auswahl geeigneter Sorten: Dazu gehören Sorten,
die weniger anfällig gegen Trockenstress sind. Generell sollte
robusten Sorten mit einer hohen Klimatoleranz und einer geringen
Anfälligkeit gegenüber Schädlingsbefall der Vorzug
vor empfindlichen Hochleistungssorten gegeben werden.
Anpassung der Fruchtfolge und Einführung neuer
Fruchtarten: Arten, die sich als wenig geeignet unter veränderten
Klimabedingungen zeigen, sollten gegen geeignetere Arten ausgetauscht
werden. Als besonders geeignet erweisen sich wärmeliebende
Arten mit einer hohen Wassernutzungseffizienz wie z.B. bestimmte
Maissorten oder Hirse. Eine Diversifizierung des Fruchtartenspektrums
verringert die Gefahr von Ernteeinbußen durch Klimaextreme
und Schäden durch Schädlingsbefall.
Verwendung bodenschonender und wassersparender Managementoptionen:
Dazu gehören Mulchverfahren und die pfluglose Bodenbearbeitung.
Durch solche Verfahren wird nicht nur der Wasserverbrauch durch
Verdunstung verringert, sondern auch die Freisetzung von Kohlenstoff
minimiert und die Erosionsgefahr gesenkt.
Anpassung von Düngung und Pflanzenschutz: Die
Verwendung von Dünger sollte sich an einen mit steigendem
CO2-Gehalt steigenden Stickstoffbedarf anpassen. Andererseits
erhöht sich durch zusätzliche Stickstoffgabe auch der
Wasserverbrauch, so dass hier eine Balance gefunden werden muss.
Im Pflanzenschutz sollte rechtzeitig den Gefahren durch neue Schädlinge
Rechnung getragen werden. Hier ist integrierten Verfahren der
Vorzug zu geben. Auch die Auswahl von robusten Sorten und ein
vielfältiges Artenspektrum trägt zum Pflanzenschutz
bei.
Anbau nachwachsender Rohstoffe für die Energieerzeugung:
Diese Anpassungsmaßnahme dient einerseits zur Emissionsminderung,
ist aber auch eine ernsthafte Perspektive für die vielen
landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland, die langfristig
vermutlich nicht mehr für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion
benötigt werden.
Die hier verwendeten Informationen stammen überwiegend
aus einem Forschungsprojekt, welches das Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes bearbeitet
hat (Förderkennzeichen: 201 41 253). Der Abschlussbericht
wurde in der Reihe Climate Change veröffentlicht.