Klimafolgen und Anpassung im Bereich Gesundheit
Mögliche negative Auswirkungen des Klimawandels
auf den Bereich Gesundheit in Deutschland umfassen direkte und
indirekte Auswirkungen. Die wichtigste direkte Auswirkung ist
die Belastung des menschlichen Organismus durch Hitze, die bis
zum Tode führen kann. Betroffen ist v.a. das Herz- und Kreislaufsystem.
Ein Beispiel hierfür ist die Hitzewelle 2003, die in Deutschland
vermutlich zu ca. 7.000 Todesfällen führte.
Indirekte Auswirkungen von Klimaveränderungen
sind Veränderungen in Verbreitung, Population und Infektionspotenzial
von Krankheitsüberträgern (Vektoren) wie blutsaugenden
Insekten und Zecken sowie Nagetieren. Zwar sind die ursächlichen
Zusammenhänge zwischen den von Vektoren übertragenen
Krankheiten und dem Klimawandel nicht ganz geklärt, doch
mit ansteigender Temperatur verbessern sich die Ausbreitungs-
und Übertragungsbedingungen, so dass von einer steigenden
Gefahr ausgegangen wird. Insbesondere von der durch Zecken übertragenen
Borreliose geht eine deutliche und steigende Gefahr für die
Gesundheit aus. Potenziell besteht auch die Gefahr eines Wiederauftretens
von Malariainfektionen.
Weitere indirekte Auswirkungen sind negativ veränderte
Umweltbedingungen wie die Qualität von Wasser, Luft und Nahrungsmitteln.
Hier spielen unter anderem Luftallergene eine große Rolle.
Neben den natürlichen, wie Pollen, spielen besonders in den
Ballungsräumen Schadstoffe wie Stickoxide, Ozon und Staubpartikel
eine wesentliche Rolle. Wasserknappheit in einigen Regionen kann
zur Einschränkung der Verfügbarkeit von Trinkwasser
führen. Eine indirekte Folge stellt die vermehrte Blüte
von Blaualgen in Flüssen, Seen sowie in Nord- und Ostsee
dar. Diese bilden toxische Stoffe die das Wasser für Verzehr
und Erholung unbrauchbar machen bzw. zu Krankheiten führen.
Im Sommer 2003 konnten Blaualgenblüten an Nord- und Ostsee
nachgewiesen werden und einige Strände wurden darauf hin
auch gesperrt.
Von den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit besonders
betroffen sind Personen, die bereits gesundheitlich vorbelastet
sind. Das betrifft insbesondere alte und geschwächte Personen.
Auch Kinder können eine besondere Anfälligkeit zeigen.
Weiterhin verstärken soziale Faktoren wie ein mangelnder
Zugang zu Informationen und materiellen Gütern oder eine
fehlende soziale Eingebundenheit die Vulnerabilität von Personen
gegenüber den negativen Auswirkungen des Klimawandels auf
die Gesundheit.
Regional sind besonders der Oberrheingraben sowie
Ballungszentren, vor allem in klimatisch ungünstigen Lagen
(Kessellagen), von den direkten Auswirkungen des Klimawandels
betroffen. Nicht nur die höhere Tagestemperatur und die Ozonbelastung
sind hier relevant sondern auch die für die Erholung wichtigen
kühleren Nächte, die in den Ballungsräumen ein
paar Grad über dem Umland liegen. Bei hohen Nachttemperaturen
kommt es zu einer schlechteren Regeneration des Körpers als
bei niedrigeren.
Trotz eines gut ausgebauten Gesundheitssystems in Deutschland
wird die Notwendigkeit der Anpassung (Vorsorge und Nachsorge)
an klimabedingte Gesundheitsprobleme oft noch nicht hinreichend
erkannt. Als eine erste Maßnahmen wurde 2005 vom Deutschen
Wetterdienst ein Hitzewarndienst eingeführt. Maßnahmen
zur Umgestaltung von Stadt- und Gebäudearchitektur (Frischluftzufuhr,
Isolation, Kühlung) werden bisher überwiegend nur diskutiert
und sind noch weit von der Umsetzung entfernt.
Auch im Bereich vektorübertragener Krankheiten fehlt es an
Aufklärungs- und Vorsorgemaßnahmen sowie an Information
über den Zusammenhang mit dem Klimawandel. Zudem sind die
Anpassungsmaßnahmen im Bereich vektorübertragener Krankheiten
relativ beschränkt. Zum Teil existieren keine Impfmöglichkeiten.
Therapien sind oft langwierig und nicht immer erfolgsversprechend
(z.B. bei Borreliose).
Insgesamt herrscht noch große Unsicherheit über
die genauen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit,
insbesondere bei den indirekten Wirkungen.
Das deutsche Gesundheitswesen ist bisher nur kaum
an den Klimawandel angepasst, so dass ohne weitere Maßnahmen
im Bereich Hitzewirkung regional eine "hohe", deutschlandweit
eine "mäßige" Vulnerabilität besteht.
Zwar herrscht im Bereich vektorübertragener Krankheiten noch
große Unsicherheit über die Klimawirkung, aber aufgrund
des potenziell hohen Risikos und des aktuellen Anpassungsdefizits
ist von einer "hohen" Vulnerabilität auszugehen.
In der Zukunft sollte der Gesundheitsbereich gut dazu in der Lage
sein, die Anpassung an den Klimawandel zu vollziehen; denn für
die verschiedenen potenziellen Auswirkungen des Klimawandels bestehen
v.a. in Form der Aufklärung und Warnung wirksame Vorsorgemaßnahmen,
die darüber hinaus zumeist nicht besonders aufwändig
zu sein scheinen. Andererseits sind Aufklärung und Warnung
im Bereich vektorbasierter Krankheiten fast die einzigen wirksamen
Maßnahmen. Die Veränderung von einer reaktiven zu einer
proaktiven Maßnahmenplanung, die auch Szenarien über
die zukünftige Klimaentwicklung und nicht nur Wetterereignisse
und Klimatrends der Vergangenheit berücksichtigt, bedarf
im Gesundheitswesen besonderer Unterstützung. Werden die
genannten Anpassungsmaßnahmen realisiert, ist eine Reduktion
der Vulnerabilität im Gesundheitsbereich auf eine "geringes"
Maß zu erwarten.
Mögliche Strategien zur Anpassung
- Vermehrte Aufklärung der Bevölkerung und des medizinischen
Fach- und Pflegepersonals über die gesundheitlichen Gefahren
und mögliche Vorsorgemaßnahmen
- Einführung von Frühwarnsystemen mit lokal adjustierten
Interventionsmaßnahmen, die zeitlich und räumlich
konkretisierte Warnungen ausgeben und Verhaltensregeln empfehlen
- Ausbau der medizinischen Forschung zu diesem Thema und intensives
Monitoring von klimabedingten Krankheiten (Bereits bestehende
Monitoringnetzwerke, wie sie z.B. vom Robert-Koch-Institut zur
Verfügung gestellt werden, können hier genutzt werden.)
- Ausbau der medizinischen Vorsorge und Versorgung
- Bereitstellung von technischen Schutzmaßnahmen (Isolierung,
Klimaanlagen etc.)
- Berücksichtigung der durch den Klimawandel hervorgerufenen
Gesundheitsprobleme in den Programmen für die öffentliche
Gesundheitspflege, so dass geeignete Impfungen und die Eindämmung
der Krankheitsüberträger durchgeführt werden
können
Die hier verwendeten Informationen stammen überwiegend
aus einem Forschungsprojekt, welches das Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes bearbeitet
hat.
Zum Download
des Abschlussberichts.